R. Kelly wird zu 30 Jahren Gefängnis verurteilt (2024)

Im Missbrauchsprozess gegen den Pop-Sänger wurde das Strafmass verkündet. Die Jury hatte R.Kelly zuvor unter anderem der sexuellen Ausbeutung Minderjähriger für schuldig befunden.

R. Kelly wird zu 30 Jahren Gefängnis verurteilt (1)

Die Liste der Vorwürfe gegen den einstigen Pop-Superstar ist lang. Der 55-Jährige hatte sich im vergangenen Jahr wegen des Missbrauchs erwachsener Frauen sowie Minderjähriger und mindestens eines Jungen vor Gericht zu verantworten. Dazu kommen unter anderem Erpressung, Kidnapping und Bestechung. Die Jury sprach den Angeklagten in allen Punkten schuldig.

Am Mittwoch verkündete die Richterin das Strafmass von 30 Jahren Haft. Die Anwälte des Sängers hatten eine deutlich geringere Strafe gefordert und bereits im Vorfeld angekündigt, gegen das Urteil in Berufung zu gehen.

R.Kelly beteuerte während des Verfahrens stets seine Unschuld. Er verzichtete während des Prozesses auf eine Aussage, verfolgte diesen jedoch im Gerichtssaal mit.

Nach einer Netflix-Serie wurde es einsam um den Sänger

Nachdem in der Vergangenheit immer wieder vereinzelte Vorwürfe gegen den Sänger aufgetaucht waren, sorgte 2019 die Doku-Serie «Surviving R.Kelly» weltweit für Aufsehen. Mehrere Opfer werfen ihm in eindrücklichen Schilderungen sexuellen Missbrauch vor. Manche von ihnen traten das erste Mal an die Öffentlichkeit.

In den neunziger Jahren soll er regelmässig seine frühere Highschool besucht haben. Dort habe er seine Berühmtheit dafür genutzt, Minderjährige kennenzulernen. Dass dies keine Alarmsignale auslöste, ist bezeichnend für die vergangenen 25 Jahre.

Der Superstar hielt sich für unantastbar

Die Anschuldigungen gegen R.Kelly reichen Jahrzehnte zurück. 1994 soll er versucht haben, einen Beamten zu bestechen: Um die damals 15-jährige Sängerin Aaliyah zu heiraten, benötigte er für sie gefälschte Papiere. Die Ehe wurde kurze Zeit später annulliert, nachdem die Eltern der Minderjährigen dagegen protestiert hatten.

Laut Medienberichten soll R.Kelly 2001 von seiner ehemaligen Praktikantin Tracy Sampson verklagt worden sein. Sie warf ihm vor, sie als 17-Jährige zu einer sexuellen Beziehung gezwungen zu haben. Der Fall wurde aussergerichtlich geregelt, ebenso wie zwei weitere Fälle im Frühling 2002. Die Frauen unterschrieben für eine jeweils unbekannte Summe eine Geheimhaltungsvereinbarung.

Ebenfalls im Jahr 2002 folgte eine Anklage in 21 Fällen. Der Sänger wurde des Drehs von Videos, in denen er Kinder sexuell missbraucht, beschuldigt. Erst 2008 landete der Fall vor Gericht. Aufgrund der mangelhaften Beweislage wurde der Sänger von der Jury damals freigesprochen.

#MuteRKelly und #MeToo

In den nächsten Jahren blieb es ruhig um die Missbrauchsvorwürfe. Erst mit der #MeToo-Bewegung gelangte der Fall R.Kelly wieder an die Öffentlichkeit und letztlich vor Gericht. 2017 veröffentlichte Buzzfeed eine umfangreiche Recherche über die Ausschweifungen und Übergriffe des Pop-Stars. In der Folge traten weitere Frauen an die Öffentlichkeit.

Unter dem Hashtag #MuteRKelly wurde zum Boykott seiner Musik aufgerufen. Seine Plattenfirma sowie die grossen Streamingdienste wurden aufgefordert, die Zusammenarbeit mit dem Musiker angesichts der Vorwürfe zu beenden.

Endgültig gekippt ist die Stimmung dann mit der Netflix-Serie «Surviving R.Kelly». Der einstige Pop-Star verlor seinen Plattenvertrag, seine Konzerte wurden abgesagt. Angesichts der überwältigenden Anschuldigungen wurde es um den Sänger einsamer, bis er schliesslich verhaftet und angeklagt wurde.

Zeuginnen wurden eingeschüchtert

Laut amerikanischen Medien traten sechs Frauen als Klägerinnen auf – die Hälfte von ihnen minderjährig – und ein Knabe, der ebenfalls von R.Kelly missbraucht worden sein soll. Die Staatsanwaltschaft forderte mindestens 25 Jahre Haft sowie eine Geldstrafe bis zu 250000 Dollar.

Während des Prozesses ist es zu Festnahmen wegen Einschüchterungsversuchen gekommen. Ein Mann aus dem Umfeld R.Kellys wurde verhaftet und zu acht Jahren Haft verurteilt, nachdem er das Auto einer Zeugin angezündet hatte. Ein weiterer Mann gestand, einer Zeugin Schweigegeld angeboten zu haben.

Schuldig in allen Anklagepunkten

Die Staatsanwaltschaft warf dem Angeklagten vor, mithilfe von «Lügen, Manipulation, Drohungen und körperlichem Missbrauch» während Jahrzehnten Frauen und Mädchen ungestraft sexuell misshandelt zu haben. Dabei seien diese systematischen Verbrechen nur dank seinem Netzwerk von Unterstützern möglich gewesen.

Die Verteidigung bezeichnete R.Kelly als Opfer erfundener Geschichten und ausgeschmückter Erzählungen. Sein Anwalt Deveraux Cannick zeichnete in seinem Schlussplädoyer das Bild eines «Sexsymbols und Playboys», dem rechtlich jedoch nichts anzulasten sei.

Die Jury befand R.Kelly letztlich am 27.September 2021 für schuldig. «Dieses Urteil brandmarkt R.Kelly für immer als Raubtier, das seinen Ruhm und seinen Reichtum genutzt hat, um junge, verletzliche und stimmlose Menschen für seine eigene sexuelle Befriedigung auszubeuten», sagte die zuständige Staatsanwältin Jacquelyn Kasulis.

Die #MeToo-Begründerin Tarana Burke twitterte nach dem Urteil ein GIF von einer tanzenden Frau mit dem Untertitel «Kannst du einen völlig neuen Tag fühlen?».

🙃 pic.twitter.com/QUzXlEBAFl

— Tarana (@TaranaBurke) September 27, 2021

Weitere Verfahren gegen R.Kelly sind in den Gliedstaaten Minnesota und Illinois hängig. Der nächste Prozess soll bereits Mitte August in Chicago beginnen.

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Die neusten Entwicklungen Prozesse gegen R. Kelly: Staatsanwaltschaft will Einnahmen von Musik-Labels wegen ausstehender Rechnungen Der Sänger R. Kelly ist bei einem Prozess in New York 2022 unter anderem wegen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger zu einer Haftstrafe von 30 Jahren, und im Februar 2023 wegen eines ähnlichen Vergehens in Chicago zu 20 Jahren Haft verurteilt worden.

NZZ Redaktion

R.Kelly ist kein Sonderfall. Sexueller Missbrauch wird in der Pop-Kultur aber verdrängt Pop-Musik ist oft eine Art Balzritual. Im Zeichen von Sex, Drugs und Rock’n’Roll entwickeln Stars dabei Allmachtsphantasien, die sie zu Ausschweifungen und Übergriffen verleiten.

Ueli Bernays

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